Was wir schon immer geahnt bzw. lange gewusst haben ...
Abzocke beim Ölwechsel
Gregor F. hat eine Fahrschule und lässt seine Flotte regelmäßig warten. Für seinen Golf schreibt VW ein spezielles Öl vor, ein Longlife 5W30, das besonders lange schmieren soll. Beim Ölwechsel berechnete die Vertragswerkstatt fast 24 Euro pro Liter ohne Mehrwertsteuer. Das fuchst den Fahrlehrer: "Dafür kann man einfach nur das Wort Abzocke gebrauchen." Er vermutet, dass sie sich mit dem teuren Motoröl eine goldene Nase verdienen.
Ein lukratives Geschäft
Sind Motorenöle besondere High-Tech-Säfte, die solche Preise rechtfertigen? Nein, wie Dokumente zeigen, die uns von einem Mineralöllieferanten zugespielt werden. Es handelt sich um eine Ertragskalkulation für ein VW-Autohaus. Im Einkauf zahlt das Autohaus für einen Liter Longlife Öl etwas mehr als 5 Euro. Verkauft wird es an den Autofahrer für 22,20 Euro. Das ist Gewinn von mehr als 300 Prozent. Noch deutlicher wird das lukrative Geschäft mit dem nächsten Dokument. Es beweist, für welchen Preis der Lieferant das Öl beschafft: für 1,52 Euro. Der Kunde im Autohaus zahlt also 1300 Prozent Aufschlag. Für die Ölbranche läuft es wie geschmiert. So viel Gewinn, hören wir von Insidern, macht man allenfalls noch im Drogenhandel. Wir konfrontieren Volkswagen mit unseren Recherchen und wollen wissen, womit diese enormen Gewinnspannen begründet werden. VW weicht aus und erklärt, man könne "aus Wettbewerbsgründen zu den Einkaufskonditionen grundsätzlich keine Aussagen treffen". Offenbar sind Autobesitzer für Werkstätten und Hersteller eine leichte Beute. Verunsichert von einer Flut an unterschiedlichen Normen, Freigaben und Vorschriften der Hersteller will kaum ein Autobesitzer am richtigen Schmierstoff sparen.
Auf dem freien Markt viel günstiger zu haben
Allerdings gibt es Öle mit VW-Freigabe nicht nur im Autohaus, sondern auch im freien Handel - etwa in Baumärkten. Das Longlife Öl ist hier nur halb so teuer wie beim VW-Händler. Noch preiswerter ist es bei Auktionsportalen im Internet zu haben. Zum Sofortkauf gibt es das 5W30 hier schon für 6 Euro pro Liter. Die VW-Norm erfüllt es auch. Wir besuchen einen dieser freien Händler, Harald Rothenpieler gilt als einer der größten der Branche. Warum ist das Longlife Öl bei ihm so viel günstiger? Rothenpieler führt es auf die unterschiedliche Kalkulationsbasis zurück. Er müsse weder Geräte wie Hebebühnen, Software und und Motortester bereithalten, noch seien die Personalkosten vergleichbar. Im Klartext: Der Autofahrer zahlt über dass Öl für die Werkstattausstattung. Aber das tut er über die Arbeitskosten auch schon. Qualität hat eben ihren Preis, sagen die Werkstätten.
Nur ein Öl versagt im Test
Aber sind billigere Öle vom freien Markt schlechter? Wir kaufen Longlife Öle zwischen 6 und 13 Euro im Internet und in Baumärkte ein und lassen sie in einem Labor testen. Gibt es im Vergleich zum Öl aus dem Autohaus Qualitätsunterschiede? Wie steht es um Verschleißverhalten oder Verunreinigungen? Ergebnis: Fast alle Öle schneiden positiv ab, es ist kein direkter Unterschied zwischen den Originalölen und denen festzustellen, für die eine Auslobung entsprechend der VW-Freigabe ausgesprochen wurde. Einzige Ausnahme: das besonders preiswerte Öl der Firma INOX für unter 5 Euro pro Liter. Es steht zwar Longlife drauf, das Labor findet aber in der Flasche ein minderwertigeres Standard-Öl der Klasse 10W40. Der Hinweis auf der Rückseite, das Öl entspräche der VW-Freigabe, ist demnach falsch. Das Problem: VW-Besitzer, die dieses Öl verwenden, bleiben bei einem Motorschaden auf den Kosten sitzen. Peter Weismann vom Prüflabor Ölcheck weißt darauf hin, dass Autofahrer, die ein nicht freigegebenes Öl einfüllen, ein Gewährleistungsproblem haben. Wird das Öl dann noch analysiert und festgestellt, dass es sich um ein 10W40 Öl und kein vollsynthetisches 5W30 handelt, wird das Problem noch größer. Wir bitten die Firma Inox um eine Stellungnahme. Sie lehnt ab: Das Ergebnis sei keinesfalls nachvollziehbar, für eine Stellungnahme bestehe keine Veranlassung.
Sparen leicht gemacht
Wir empfehlen: Finger weg von Ölen, die der Freigabe nur entsprechen. Solche Öle wurden vom Autohersteller nie geprüft, sind also gar nicht freigegeben. Öle mit Freigabe aber kann man ohne Risiko verwenden und dabei eine Menge Geld sparen. Das gilt auch für die VW-Modelle von Fahrlehrer Fuchs. Er will in Zukunft das Öl selbst besorgen und mit in die Werkstatt nehmen. Viele Vertragswerkstätten akzeptieren das auch. Fuchs spart damit pro Service mehr als 80 Euro. Aber Vorsicht: Oft verlangen dann die Werkstätten Mondpreise für die Altölentsorgung.
Für die Bequemen unter uns - das
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Quelle: Sendeanstalt und Sendedatum: SWR, Samstag, 12. Mai 2012